Kollaboration vs. Kooperation bei Bauprojekten: Was ist der feine Unterschied?

Die Begriffe Kooperation und Kollaboration werden häufig synonym verwendet. Doch an einem gemeinsamen Bauprojekt zu arbeiten, heißt nicht zwangsläufig, dass alle Beteiligten auch wirklich zusammen tätig sind.

Die Bedeutung der Zusammenarbeit

Ich hatte vor kurzem die Gelegenheit ein Gespräch zwischen Jan-Hendrik Goldbeck und Hubert Rhomberg mitzuverfolgen, während diesem der Satz viel: "You can't build a building alone" …kurz prägnant und absolut treffend!

Zusammenarbeit findet am Bau tagtäglich, in verschiedenen Formen und Ausprägungen statt: vertikal zwischen Planung und Ausführung, horizontal zwischen unterschiedlichen Ausbaugewerken; gleichzeitig am selben Ort oder zeitversetzt an unterschiedlichen Orten; zwischen einzelnen Personen, Teams und oder Firmen. Zusammenarbeit kann geplant und strukturiert werden, sie kann aber auch ungeplant ablaufen. Auf der einen Seite kann sie durch geeignete Methoden, Technologien und Hilfsmittel unterstützt werden, auf der anderen Seite ermöglichen neue Technologien neue Formen der Zusammenarbeit.

Zusammenarbeit ist für das gelingen eines Bauvorhabens essenziell, denn in der Regel verfügen Einzelpersonen und einzelne Firmen nicht über die notwendigen Ressourcen, Einblicke sowie fachliche Kompetenzen, um die komplexen Fragen und Aufgabenstellungen rund um ein Bauvorhaben allein zu lösen.

Eine, auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtete, Form der Zusammenarbeit stellt die Kollaboration dar. Kollaboration umfasst die Aspekte Kommunikation, Koordination und Kooperation. Vereinfachend lässt sich sagen, Kommunikation ist das aufeinander bezogenen Verhalten mehrerer Personen, mit dem Ziel der Übertragung von Informationen; Koordination ist das Management von Abhängigkeiten zwischen Aktivitäten, innerhalb von sich gegenseitig nicht beeinflussenden Systemen, wohingegen Kooperation eine Abstimmung zwischen unterschiedlichen Akteuren beinhaltet.

Wie angedeutet, steht der Begriff Kollaboration in engem Zusammenhang mit "Kommunikation", "Koordination" und "Kooperation". So weit so gut, allerdings scheint mir eine noch genauere Betrachtung der Begriffe Kollaboration und Kooperation ratsam, da leider beide im Alltag viel zu oft austauschbar verwendet werden. Dies kann zu Missverständnissen zwischen den Projektbeteiligten führen, da die Konzepte hinter Kooperation und Kollaboration unterschiedlich sind. Es lohnt sich also, die tatsächlichen Definitionen dieser beiden Wörter zu untersuchen.

Was ist also Kollaboration?

Lassen Sie uns zunächst definieren, was Kollaboration ist. Kollaboration bedeutet, dass eine Gruppe von Menschen (oder Unternehmen) zusammenkommt und an einem Projekt arbeitet, um ein gemeinsames Ziel, ein Ergebnis oder eine Mission zu erreichen. Ein Beispiel: Sie und ich arbeiten an ein und demselben Bauvorhaben. Sie sind der federführende Architekt und ich der verantwortlicher Fachplaner TGA. Wir setzen uns zusammen, um das Projekt zu besprechen, an dem wir arbeiten, und entscheiden gemeinsam, dass wir es für unseren Bauherren effizienter machen wollen, vielleicht auch müssen. Dies ist unsere gemeinsame Vision für das Projekt. Gemeinsam entwerfen und implementieren wir eine größere Änderung am Projekt, die dieses Ziel erreicht. In dieser Hinsicht sind wir Co-Creator dieses speziellen Projekts. Wir teilen uns die Verantwortung und auch die Anerkennung.

Und was ist Kooperation?

Auf der anderen Seite ist Kooperation, wenn eine Gruppe von Menschen oder Unternehmen zusammenarbeitet, um die Ziele der anderen zu unterstützen. Es ist ein Teamkollege, der Ihnen hilft, Ihre Präsentation zu erstellen. Oder ein Entwickler, der Ihnen erklärt, wie Sie die technischen Details in Ihrer monatlichen Produkt-E-Mail formulieren sollen. Der wichtige Punkt hier: Es gibt nicht wirklich eine gemeinsame Vision. 

Kollaboration impliziert gemeinsame Verantwortung und Interesse an einem bestimmten Ergebnis. Wenn Sie und ich gemeinsam an einem Projekt arbeiten, haben wir eine gemeinsame Urheberschaft. Kooperation hingegen bedeutet nur, dass Sie mir bei etwas helfen, an dem ich arbeite und für das ich letztendlich verantwortlich bin.

Warum ist das wichtig?

Der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen ist wichtig, weil dabei unterschieden wird, zwischen der Arbeit an dem Projekt eines anderen (Förderung seiner Ziele) und der Arbeit mit jemandem, um ein Ziel zu erreichen, das beide teilen. Dabei geht es nicht darum festzustellen, dass Kooperation schlechter ist als Kollaboration, oder dass es so oder so sein muss - beide Formen der Zusammenarbeit haben ihre Berechtigung - aber es geht darum zu akzeptieren, dass unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit, ganz unterschiedliche Charakteristika haben.

Bei der Kollaboration sind Vertrauen und Transparenz die wichtigsten Merkmale und der Grad der Integration ist sehr hoch. Im Vergleich dazu ist bei der Kooperation das Risiko praktisch nicht vorhanden und wird, falls es auftritt, vom Vertragsverantwortlichen getrennt behandelt. Die gleiche Trennung besteht auch im Entscheidungsfindungsprozess im Rahmen einer Kooperation. Daraus resultiert eine geringere Transparenz und ein geringerer Informationsaustausch als bei der Kollaboration. 

Mein Fazit nach all der Theorie:

Die Bauwirtschaft ist ein komplexes und risikoreiches Multi-Akteurs-Geschäft. Viel zu häufig spricht man hier von Kollaboration und meint bestenfalls nur Kooperation, denn nicht anders kann ich mir erklären, dass immer wieder die gleichen Dinge bemängelt werden, es sich aber im Kern nichts ändert. Schlechte Zusammenarbeit, ineffektive Kommunikation, unausgewogene Risikoverteilung in den Vertragsbestimmungen, begrenztes Vertrauen und mangelnde Kundenorientierung sind alles Dinge, die mit Sicherheit jeder kennt. 

Es braucht einfach mehr als nur vermeintliche Collaboration-Tools (die per Design oft nur Cooperation-Tools sind), es braucht ein ernst gemeintes Commitment auf echte Zusammenarbeit, mit einem gemeinsamen Ziel: nämlich dem Kunden, dem Bauherren, sein Gebäude, in der vereinbarten Qualität, zu den geplanten Kosten, in dem definierten Zeitrahmen zu errichten.   

Ein, wenn nicht der entscheidende Schlüssel dazu ist “Transparenz und Vertrauen” zwischen allen Projektbeteiligten. An der Stelle steckt noch viel zu hebendes Potenzial. Offene Schnittstellen, Distributed-Ledger-Technologie für einen vertrauensvollen Datenaustausch, Allianz-Verträge für ein gemeinsames Ziel -> es mangelt nicht an Möglichkeiten.


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Die wohl smarteste Art der Zusammenarbeit im Bau